'Von hier? Genau hier? Aber... ich habe doch gar keinen Wolf gerochen...' dachte sich Akaera, als er antwortete. Doch ihr Misstrauen war unbegründet - er erklärte sich gleich.
"Von einem schattigen Wald..." wiederholte Akaera fast verträumt, während sie sich flüchtig fragte, ob Wölfe, die im Schatten aufwuchsen, immer so klein waren. Dann schüttelte sie jedoch kurz den Kopf - was sie schon wieder für Dinge dachte! - und antwortete:
"Ich komme vom Festland. Dort gibt es ein kleines Tal, indem ich und meine Familie ganz allein gelebt haben, bis meine Brüder und ich schließlich zu groß geworden sind und weggezogen sind." Sie blickte ihm kurz ins Gesicht, während sie über seine zweite Frage nachdachte.
"Das wird jetzt mein achter Sommer sein. Und wie lange gibt es dich schon?"
Dass sich Rakocz kurz, nachdem er seine Frage beendet hatte, zurückfallen ließ, fiel Akaera fast nicht auf. Es war für sie irgendwie klar, dass sie entschied, wohin es ging - schließlich hatte sich Rakocz ihr nur angeschlossen.
i s t__e s__z e r s t ö r t,
so kommt es sobald nicht wieder.
P f l e g t__m a n__e s,
wird man reich belohnt.
Zwar versuchte er mit jedem den er traf gut auszukommen, doch sollte dies einmal nicht klappen war es auch egal. Immerhin zog Taréy weiter und blieb nie länger an einem Ort, als er es für nötig hielt - der Rast am immerblühenden Baum mal abgesehen. Doch trotzdem fühlte er sich nie alleine. Die Pflanzen und Tiere um ihn herum waren seine Freunde, seine Familie. Niemals hatten sie ihn enttäuscht oder im Stich gelassen, denn sie waren immer da. Seit dem Zeitpunkt, als er sich allein und verlassen vorgefunden hatte, mit dem Nebel in seinen Gedanken, den er nicht zu durchdringen vermag.
Oft sprach der Jungwolf zu den Pflanzen um ihn herum, lauschte ihrer Antwort - dem Rascheln der Blätter - und fühlte sich sofort geborgen und behütet im weichen Moos, zwischen den Wurzeln eines großen Baumes, bei dem er beschlossen hatte die Nacht zu verbringen.
Genau dies hatte Taréy kennengelernt in der Zeit, in der er nun schon umherzog. Er konnte sich nicht erinnern je eine andere Heimat gehabt zu haben, als die Tiere und Pflanzen des Waldes. In einem großen Rudel zu leben, war gleichermaßen erschreckend wie verwunderlich. Er konnte es sich nicht vorstellen die ganze Zeit mit anderen zu leben, wo er doch so so lange alleine gewesen war. Er hatte sich noch nie danach gesehnt ein anderes Zuhause zu besitzen, als das, was er hatte.
Und doch freute er sich immer, wenn er Gesellschaft hatte, mit der er sich unterhalten konnte. Artgenossen, die ihn verstanden und denen er seine Gedanken anvertrauen konnte. Sie mussten nicht einmal selbst philosophieren, es genügte Taréy schon, wenn sie einfach zuhörten.
Und genau so jemand war ihm mit Aymenur begegnet - wie es schien.
Als sich die Fähe setzte, tat es ihr der Jungwolf gleich. Ordentlich platzierte er seine Rute neben seinen Pfoten und blickte Aymenur wieder in die Augen. In ihnen spiegelte sich den Himmel. Blau, das durchzogen wurde von weißen Wolken. Doch die Färbung war nicht die gleiche wie der originale Himmel. Hin und wieder konnte man das Bernsteinbraun Aymenurs Augen aufblitzen sehen, wenn sie den Kopf etwas in eine andere Richtung neigte.
Falls jetzt der Eindruck aufkommen mag, Taréy würde mit der Fähe flirten, war dies nicht ganz richtig. Natürlich machte der Rüde ihr damit ein Kompliment, doch er sprach nur die Wahrheit aus und war nicht darauf aus sich bei ihr einzuschmeicheln. Taréy konnte nur stundenlang in die Augen seines Gegenübers versinken und Formen darin erkennen, die niemand außer ihm sah.
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Aymenur genoss den Wind, welcher sanft durch ihr Fell wehte und es noch mehr zerzauste, als es ohnehin schon war. Nicht nur den Wind kostete sie aus, auch die Tatsache das sie Gesellschaft hatte, das Wasser, welches gegen den Hügel schellte und die Blätter, die hin und her geschaukelt wurden, gefielen ihr und ließen sie noch entspannter werden. Die Atmosphäre, die Umgebung- es war einfach schön.
Die Fähe lauschte den Worten, die Taréy sprach und nickte zustimmend, als er seine Meinung zu dem Zitat äußerte. Sein nächster Satz verwirrte sie allerdings und sie sah in die Augen des Rüdens. "Nein, ich glaube, so genau hat man noch nie in meine Augen geschaut", äußerte sie sich. Ayu machte sich keine weiteren Gedanken darüber, sie kannte ihn noch nicht und es könnte seine Art sein, einfach Komplimente zu verteilen.
Wenn es ein Charakterzug wäre, wäre es ein schöner. Schöne Worten haben noch nie jemanden verletzt und ließen einen immer etwas besser fühlen. Das letzte war zwar eher ihre persönliche Meinung, aber sie hat noch nie jemanden getroffen, welcher sich nicht über eine kleine Schmeichelei gefreut hat.
"Ich bin nur hier, weil ich nicht weiß, wohin ich gehen soll. Es macht zwar Spaß, etwas neues zu entdecken, aber ich bleibe lieber in Sicherheit."
Die Wölfin war sich nicht sicher, warum sie dies sagte, aber sie hatte irgendwo das Gefühl, das Taréy sie verstand und eventuell irgendwo auch so fühlte, wenn ihn nicht irgendwas antreiben würde. Sie erhoffte sich keine Antwort, sie wollte diese Worte nur loswerden.
Für einen kurzen Moment schien es, als würde Rakocz sie nicht verstehen, als sie von ihrere Heimat sprach, doch dann nickte er, und Akaera, die ihn nicht genug kannte, um etwas anderes festzustellen, freute sich, da er offensichtlich wusste, was das Festland war. Vielleicht war er sogar schon einmal dort gewesen? Als Akaera dann allerdings hörte wie jung er war - nur 3 Sommer hatte er schon erlebt! - war sie ziemlich sicher, dass er noch nie dort gewesen war, wenn noch nicht einmal Akaera so weit herumgekommen war, auch, wenn sie doppelt so alt war und - so wirkte es zumindest - wesentlich mutiger und entschlossener.
Plötzlich blieb sie stehen, denn ohne, dass sie es bemerkt hatte, war sie an den Strand gekommen, und der Anblick des Meeres, das vom Wind verweht wurde und dabei so frei und wild wirkte raubte ihr jedes Mal wieder den Atem. Sie, die sie umgeben von hohen Bergen aufgewachsen war und für die das Meer immer nur eine ferne Vorstellung gewesen war, wie aus einem Traum, war immer wieder völlig überwältigt von der Schönheit der nun aufgewühlten, unruhigen See. Auch, wenn sie sich sicher war, dass sie auf längere Zeit nie ohne Berge leben können würde.
"Ich frage mich gerade, wo ich eigentlich hin will..." meinte sie beinahe beiläufig an Rakocz gewandt.
Vor ihm lag die offene Bucht, die von den Wölfen, die hier gelebt hatten, Sonnenbucht genannt worden war, und der Berg, der sich zu seiner Rechten erhob, war der Zahn - ein einsames Überbleibsel aus der Zeit, zu der die Inseln Kairaku und Saikatsu noch eine geographische Einheit bildeten. Plötzliche Sympathie für den schneebedeckten Granitriesen erfüllte den Wolf.
Wir haben Gemeinsamkeiten, eröffnete er dem Berg mit einem bitteren Unterton sogar in seinen Gedanken. Dich und mich, uns beide hat das Wasser zu Einzelgängern gemacht.
Ja, es war lächerlich, er sprach jetzt schon mit Bergen. Aber Ashaî fühlte sich so viel zurechnungsfähiger, wenn er zumindest etwas hatte, an das er sich wenden konnte. Etwas anderes als seine Gedanken, die manisch hin und her zu rasen schienen, fast zu schnell, als dass er ihnen hätte folgen können. Sein Gehirn schien Angst davor zu haben, zur Ruhe zu kommen, als befürchtete es, dass in dem Moment, in dem der Stillstand eintrat, alle Systeme versagen würden.
Natürlich war das der reinste Schwachsinn - bis auf die immernoch spürbare Unterernährung war der Wolf bei bester Gesundheit. Kleine Risse hie und da waren die schlimmsten Verletzungen, die er während der Wanderung der letzten zwei Monate davon getragen hatte. Und das ausgefranste Loch in seinem Herzen hatte er keine Absicht loszuwerden, im Gegenteil, es gehörte jetzt ihm. Seine Schuld, sein Schmerz, seine ganz persönliche Gelegenheit zur Selbstbestrafung. Seine Erinnerung. Jeder, der noch tiefer hineinbohren wollte, war herzlich dazu eingeladen, aber sollte jemand versuchen es zu heilen, dann würde sich Ashaî gezwungen sehen es bitter zu verteidigen.
Der hochgewachsene Rüde schüttelte belustigt seine seltsamen Gedanken ab. Belustigung half ihm, mehr Distanz zwischen sich und sein Innenleben zu bringen, das er Stück für Stück in Kisten verpackt und in den hinteren Winkeln seines Bewusstseins geschoben hatte. Vielleicht würde er es irgendwann wieder auspacken, aber jetzt war weder die Zeit noch der Ort dazu.
Das Gras um seine Pfoten war von einem fast surrealen Hellgrün, wie es nur frisch geschlüpfte Keimlinge haben. So weit oben befand sich Ashaî seiner Einschätzung nach zwar nicht, aber zu seinem Erstaunen stellte er fest, dass hier bis vor kurzem noch Schnee gelegen haben musste. Der Wind hatte kein bisschen nachgelassen und Kälte kroch in seine Unterwolle, also beschloss der Wolf, seinen Weg fortzusetzen. In gemäßigtem Trott folgte er der Kurve der Anhöhe, bis die Bucht nicht länger in seinem Blickfeld war, und machte sich dann an den Abstieg. Es war beruhigend, endlich wieder seinen Hörsinn nutzen zu können. Gerade als es nicht mehr so viel Anstrengung erforderte, das Gleichgewicht zu halten ohne abzurutschen, schnappte seine ohnehin schon nahe am Boden schwebende Nase einen Geruch auf, der gerade vertraut genug war um sein Interesse zu wecken. Männlicher Wolf, vielleicht vor einer halben Stunde hier vorbeigekommen. Da nirgendwo etwas anderes als Gras, Berg und Büsche zu sehen war, wagte Ashaî es, seiner Spur zu folgen, in der Hoffnung, einen leichten Abwärtspfad zu finden. Seine Überraschung war umso größer, als er wenige Längen die Spur hinab den zusammengesunkenen Körper eines Wolfes fand.
Das war keine Position, in der irgendein Tier gerne schlafen würde - die Vorderbeine ausgestreckt, den Rücken fast schlangenhaft gekrümmt, aber aufrecht auf den eingequetschten Hinterbeinen, Schnauze flach am Boden -, tot war er allerdings auf keinen Fall. Flacher Atem kam stoßweise aus dem Maul des jungen Rüden, seine Augenlider zuckten unruhig wie sonst nur während eines lebhaften Traums. Ashaî näherte sich seinem Artgenossen neugierig, und berührte dessen Schulter kräftig mit der Schnauze. Keine Reaktion, wie er vermutet hatte war sein Fund nicht bei Bewusstsein. Es war keine lupenreine Behandlung, aber Ashaî schubste ihn auf die Seite, damit der bewusstlose Wolf seine Zunge nicht verschluckte. Dann setzte er sich in einigen Längen Abstand zu seinem Schützling ins hohe Gras, aufrecht, aber nicht nah genug um Gefahr zu laufen ihn zu erschrecken, sollte der schmale Wolf denn aufwachen.
Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er ein Rätsel zu lösen, und das erfüllte Ashaî mit fast lächerlicher Freude.
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e i n e__f a s t__l ü c k e n l o s e__R e i h e
gemeinsamer Entdeckungen.
Taréy sprach diese Worte grübelnd aus, während er die beiden Punkte am Rand des Strandes musterte. Doch auch, wenn er sie noch so genau ansah, wurde er nicht schlauer aus ihnen. Waren es Lebewesen, die dort standen, oder doch nur Steine oder Holz?
Mit diesen Worten sprang er einen Satz nach vorn und galoppierte mit einem freudigen Grinsen, das den Wunsch ausdrückte mit Aymenur gemeinsam zu erkunden, was es mit dem Unbekannten auf sich hatte, den Hügel hinab. Es lag etwas so selbstverständliches in seiner Art mit Aymenur umzugehen, dass man meinen könnte, er würde sie schon einige Zeit kennen und die beiden wären gute Freunde. Sogar Taréy kam es seltsam vor, wie er mit ihr umging, wenn er genau darüber nachdachte. Doch die Fähe hatte etwas an sich, das sein Herz erfreute. Sie war so offensichtlich gut und freundlich, dass Taréy sie sofort ins Herz geschlossen hatte. Auch, wenn sie sich gerade erst kennen gelernt hatten.
Im Gegensatz zu Taréy sah sich Aymenur die Umgebung nicht so genau an. Sie nahm ihr Umfeld war, doch nicht so intensiv wie der Rüde. Ihr Blick hing nicht lang an der Szene, schon nach kurzer Zeit schloss sie wieder ihre Augen. Wieso ihre Umgebung bloß betrachten, wenn sie sie wahrnehmen konnte?
Die Naturkulisse wurde durch die Stimme des Wolfs unterbrochen, welcher ihren Spruch anmerkte. Hin und wieder ein Risiko eingehen war nicht verkehrt, doch sie fühlte sich wohl, wie es gerade war.
Bei seiner Aufforderung sah sie verwirrt auf. Diese Konturen hat sie gar nicht wahrgenommen. Seitdem sie auf einem Auge erblindete konnte sie ohnehin nicht so gut sehen wie ihre Artgenossen. Doch auch sie erkannte die Silhouetten und sprintete Taréy direkt hinterher.
Ayu fühlte sich im Moment einfach nur glücklich, wie sie mit dem eigentlich Fremden rannte. Auch wenn es nichts besonderes war, war es für die Fähe ein schönes Gefühl. Sie war die ganze Zeit alleine und nun war da ein freundlicher Rüde, mit welchem sie gerade seit langem wieder Spaß hatte. Diese Tätigkeiten, welche für Wölfe üblich waren, vermisste sie. Sie war alleine.
Momentan war es ihr allerdings egal. Die Wölfin hatte jetzt einen Artgenossen gefunden, und sie hoffte, ihn nicht so schnell missen zu müssen. Einsamkeit war schon ein ziemlich schlimmes Gefühl, die Anwesenheit von anderen Lebewesen war ihr schon immer lieber.
Akaera musste ein Grinsen unterdrücken, als sie bemerkte, dass der andere Wolf so in Gedanken versunken war, dass er einfach an ihr vorbeigelaufen war - direkt auf das Meer. Ob er es wohl mochte?
Rakocz' Antwort schien Akaera sehr poetisch und wahrschienlich zutreffend zu sein.
"Das nennt man dann wohl Freiheit, oder? Wenn man einfach dorthin gehen kann, wo man will, oder? Aber weißt du was... würde das dann nicht bedeuten, dass man, sobald man Freunde hat, nicht mehr frei ist, weil man nicht mehr ausschließlich tun und lassen kann was man will? Das kann ich nämlich fast nicht glauben."
Während sie auf die Antwort des anderen wartete hörte sie plötzlich ein Geräusch. Im gleichen Moment drehte der Wind und sie konnte eindeutig den Geruch eines - oder mehrerer? - anderen Wolfes wahrnehmen. Alamiert drehte sie sich in die Richtung, wo sie den Wolf vermutete. Und richtig, wenn sie sich ganz drauf konzentrierte konnte sie jetzt langsam lauter werdendes Pfotengetrappel hören, auch, wenn sie noch nichts hören konnte. Zuerst wusste Akaera nicht, was sie tun sollte, doch dann wurde ihr bewusst, dass der Wolf nicht wissen konnte, dass sie und Rakocz hier waren, schließlich waren sie nicht besonders laut gewesen und der Wind wehte - zumindest seit kurzem - in ihre Richtung. Hm.
"Hast du das gerochen?"
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ist__U n w i s s e n h e i t__und__S e l b s t v e r t r a u e n,
dann ist der Erfolg sicher.
Damit abgefunden, dass er irgendwo elendiglich zugrunde gehen und bald nur noch ein Haufen aus Fell und Knochen von ihm übrig sein würde, hatte er sich allerdings noch nicht.
Nemélios Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, als seine Vorderläufe einknickten und sich sein Kopf bedrohlich schnell dem Erdboden näherte. Er hatte mal wieder das Problem, dass sein Körper nicht das tat, was Nemélios lieb war. Er weigerte sich auch nur eine Bewegung zu tun, war vollkommen blockiert durch etwas, das weder Nemélios kannte, noch irgendwer anderer. Hart schlug der Kopf des Rüden am Boden auf. Wenige Momente blieb Nemélios noch bei Bewusstsein, ehe er in die Schwärze glitt. Schutzlos, ohne auch nur einen einzigen Muskel gewollt bewegen zu können.
Als der Rüde seine Augen benommen wieder öffnete, wurde er beinahe überwältigt von der Leere seines Magens. Der Hunger zerrte an ihm wie Raben an Aas. Das Schlimmste am 'Erwachen' war der Hunger, der ihn jedes Mal fast erneut das Bewusstsein verlieren ließ. Nach einiger Zeit hatte er sich wieder daran gewöhnt und konnte dieses Gefühl unterdrücken, doch bis dahin trieb ihn das Knurren seines Magens beinahe in den Wahnsinn.
Bedächtig richtete sich Nemélios auf, hob den Kopf und blickte erstaunt den fremden Wolf an, der in einiger Entfernung saß und ihn musterte. Sofort glomm Misstrauen in den Augen des mageren Rüdens auf, konnte er diesen Fremden ja nicht zuordnen. Weder wusste er, was er hier tat, noch, warum er Nemélios anstarrte. Auch wusste er nicht, ob dieser rotbraune Rüde ihm Böses wollte. Außerdem konnte Nemélios keine Demütigungen gebrauchen. Was also wollte dieser Fremde von ihm?
Drei simple Fragen, die Nemélios mehr als genug für ihn relevante Antworten bringen würden. Seine Stimme klang abweisen, reserviert. Er war darauf bedacht sich selbst zu schützen und dem anderen keine Macht über sich zu geben. Hätte er nicht tief in sich die Hoffnung, dass dieser fremde Wolf ihm vielleicht helfen konnte, würde er auf der Stelle aufstehen und sich von ihm entfernen.
gegen unsere Welt Misstrauen zu haben,
denn sie ist nicht gegen uns.
So vertrauensvoll und harmlos wie möglich trabte Taréy auf die zwei Fremden zu, darauf bedacht jede Geste, die Überlegenheit ausdrücken könnte, strengstens zu unterlassen. Einige Meter vor den beiden verlangsamte er und blieb schließlich gänzlich stehen. Das eine Ohr gelassen zur Seite, das andere aufmerksam nach vorne gerichtet wartete Taréy einen Moment ab, musterte die Fremden eindringlich, aber mit freundlichem Blick. Der Rüde schien immer noch Zweifel gegen den friedvollen Absichten Aymenurs und Taréys zu hegen. Mit geduckter Haltung blickte er ihnen misstrauisch entgegen. Es war aber doch vollkommen unnötig sich ihnen regelrecht zu unterwerfen, obwohl es durchaus Sinn machte, wenn man die Größe des fremden Rüden nicht außer Acht ließ. Er wollte nicht verletzt werden und könnte in einem Kampf gegen Taréy wohl kaum als Sieger hervorgehen. Doch Taréy hatte sowieso nicht vor jemals gewollt von sich aus einen Kampf zu beginnen. Nichts lag ihm ferner.
Nachdem er sich einen Überblick über die beiden Wölfe gemacht hatte - zu der Fähe konnte er nichts weiter sagen, als dass sie normal aussah, was natürlich keine Beleidigung sein sollte - begann er endlich zu sprechen:
Aufmunternd sah er Aymenur an, die bis jetzt etwas hinter ihm gestanden hatte. Sie und er hatten nichts von den beiden Fremden zu befürchten, solange sie sich angemessen verhielten, das zeigte deren jetzige Körperhaltung. Würde das auch so bleiben, wenn er beschloss sich auf die Fähe zu stürzen? War es den Versuch wert?
Ganz bewusst sah er die fremde Fähe einen Moment lang wissend an, bevor er mit einem Satz nach vorne sprang, seine Pfoten landeten auf dem Rücken der Fähe, und sie mit sich zu Fall brachte. Neckend knabberte er an ihrer Pfote, bevor er sich aufrappelte, die Lefzen zu einem Grinsen zurückzog und die Fähe mit der Pfote auffordernd anstieß. Sein Blick drückte dabei ungefähr das aus: 'Bist du willig zu spielen? Oder zu erwachsen um sich auf so etwas noch einzulassen?'
Akaera musste grinsen, als der kleine Rüde so hektisch nach dem Geruch, den auch sie gerochen hatte, schnüffelte und dann ganz offen zeigte, dass er wirklich nicht mutig war. Normalerweise fand Akaera so etwas eher... verachtungswürdig, im besten Fall noch bemitleidenswert, doch der Kleine hatte Grund genug, um verängstigt zu sein. Überhaupt wirkte er mehr wie ein Welpe, als ein ausgewachsener Rüde. Sein ganzes Verhalten, die Art, wie er sich für Dinge wie Freiheit begeistert hatte. Obwohl, das hatte Akaera ja auch getan. Vielleicht sollte sie versuchen, ein wenig solchen Themen gegenüber ein wenig gleichgültiger zu tun, so als hätte sie ihren Platz in der Welt gefunden. Aber wie konnte sie sich so benehmen, wenn dem nicht so war?
Die Wölfe, die jetzt auf sie zukamen waren ein Rüde und eine Fähe. Ersterer war eher schmal gebaut, mit braun-rötlichem Fell. Er machte einen wendigen Eindruck auf Akaera und sie seufzte innerlich, weil sie wusste, dass sie, wenn er diesen Vorteil ausnützen würde, im Nachteil sein würde, da sie selbst breit gebaut war und bisher nur Erfahrung mit Wölfen hatte, die ähnlich bzw. gleich gebaut gewesen waren wie sie, da sie fast nur mit ihren Brüdern spielerisch gekämpft hatte.
Die Fähe hingegen war recht zierlich, mit sehr hellem, fast weißem Fell, das in dem hellen Licht in den Augen schmerzte. Akaera traute sich nicht, zu beurteilen wie gut sie kämpfen konnte, denn ihr dickes Fell schien alles zu überdecken.
Als die beiden schon relativ nahe herangekommen waren, wurden sie langsamer, wohl, um sie nicht zu erschrecken. Wie zu sich selbst meinte Akaera: "Wenn die glauben, dass mir ihr Tempo was ausgemacht hätte, haben sie sich aber getäuscht...” Sie ging den Fremden ein paar Schritte entgegen, aufrecht mit erhobenen Kopf, fast ein wenig zu selbstbewusst, wenn man bedachte, dass sie ja quasi allein war, denn auch wenn Rakocz gut mit Worten umgehen konnte und intelligent, wenn auch ein wenig naiv (wie Akaera) zu sein schien, so war er im Kampf wohl trotzdem keine große Hilfe. Doch trotzdem erwiderte sie den Blick der anderen ungerührt und nahm sie noch ein wenig genauer in Augenschein. Es machte den Eindruck, als hätte der Rüde hier das Sagen - er war der Fähe ein paar Schritte voraus. Als sie schließlich stehen blieben, ergriff der Rüde das Wort.
Auch, wenn sich Akaera nicht wirklich erklären konnte wieso, ärgerte sie sich darüber - sie wäre gerne die Erste gewesen, die sprach, jedoch hatte sie offensichtlich den richtigen Zeitpunkt verpasst. Aber naja, jetzt konnte sie nichts mehr daran ändern.
"Er und ich haben uns durch Zufall hier getroffen. Diese Tatsache ist schon seltsam - ich hatte den Eindruck, dass diese Insel im Moment von keinem Rudel bewohnt wird - und dass ihr nun auch noch und dann noch ein Wolf hier seid ist wirklich seltsam."
Gerade als sie fragen wollte, mit wem sie es überhaupt zu tun hatte, fühlte sie auf einmal des Rüden Blicks sehr intensiv auf sich. Sie war kurz verwirrt - wollte er sie doch noch angreifen? - und als er sie schließlich ansprang, wurde sie zwar von ihm zu Boden gerissen, landete aber so, dass ihr nicht wirklich etwas passierte und sie innerhalb von Sekunden wieder auf den Beinen war, bereit, sich auf ihn zu stürzen. Doch die erste seltsame Sache war, dass die Fähe immer noch dort stand, wo sie ein paar Sekunden zuvor auch schon gewesen war. Sie hatte sich also anders, als von Akaera erwartet, nicht auf Rakocz gestürzt und war auch jetzt noch relativ ruhig, obwohl doch der Rüde sie zuvor so angesehen hätte, als wollte er ihr ein Signal geben. Und das Zweite seltsame war, dass es nicht wehgetan hatte.
Verwirrt starrte sie also auf ihn hinunter, während er fertig an ihrer Pfote knabberte und sich dann aufrappelte. Erst, als sie sein Grinsen sah, verstand sie, was er wollte: Spielen!
Sie zögerte den Bruchteil einer Sekunde - Erwachsen sein oder Spaß haben, Respektiert werden oder Spaß haben...?! - und sprang ihn dann mit ihrem allerbesten Sprung, den sie monatelang an ihren Brüdern trainiert und perfektioniert hatte, und einem freudigen Aufschrei, an.
mit klarem, metallenem Schlag:
mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann -
und ich fasse den plastischen Tag.
Diese ließ auch nicht lange auf sich warten. Schon stürzte sie sich auf ihn, warf ihn um, als wäre sein Gewicht mit dem eines Welpen zu vergleichen. Es brauchte schon einiges an Kraft ihn zu Boden zu bringen. Und dass die Fähe dies schaffte beeindruckte ihn nicht wenig. Sie war genauso kräftig wie er selbst, obwohl sie etwas kleiner war als Taréy.
Erfreut eine würdige Spielgefährtin gefunden zu haben balgte sich Taréy mit der Fähe. Einmal landete er einen Treffer, einmal hatte die Fähe die Oberhand. Schon lange hatte er sich nicht so amüsiert bei einem einfachen Spiel. Vielleicht lag es daran, dass sie beide gleich stark waren, vielleicht aber auch, dass die Fähe eine ungezwungene Art an sich hatte, die dem Spiel eine ungemeine Leichtigkeit verlieh. Doch eine Sache interessierte ihn doch. Es war etwas ganz banales, das er vielleicht schon eher hätte fragen sollen.
Die Frage war vielleicht etwas unverständlich und wurde stockend ausgesprochen. Immerhin war es nicht leicht überhaupt etwas zu sagen, wenn man gerade erneut umgeworfen wurde und sich die Fähe triumphierend über ihn positionierte. Lächelnd ließ Taréy ihr den Sieg über ihn und blieb einen Moment schon beinahe unterwürfig liegen, ehe er sich jedoch herumrollte und unter ihr hervorrobbte. Mit einem übertrieben ernsten Knurren sprang er sie daraufhin an, schnappte nach ihrem Ohr - natürlich ohne es ernsthaft zu verletzen - und zog sich wieder aus ihrer Reichweite zurück. Sollte sie ihn doch fangen, wenn sie weiterspielen wollte.
Ich hab mal unsere alte Shoutbox hierher kopiert (;
.groaned on the wounded, stiffened out the slain.
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